53 Jahre Borreliose Schicksal - von Ingeborg Schmierer


...Therapie

          2002

Nach Therapie-Verweigerung meines früheren Hausarztes recherchierte meine Familie im Internet nach der Krankheit Borreliose. Zu krank um zu lesen, zu begreifen, organisierten meine Töchter für mich den Kontakt zum Borreliose-Bund und einer Borreliose-Selbsthilfe-Beratung .
Vier Wochen später begleitete mich meine Tochter zum ersten Praxisbesuch bei Dr. Klemann in Pforzheim.
Ich hatte mir einige Notizen der letzten 38 Jahre aufgeschrieben und las diese so gut ich konnte vor. Zusammenhängend sprechen war inzwischen unmöglich geworden.
Über vier Stunden befasste sich Dr. Klemann mit meiner unendlichen Geschichte. Eine körperliche Untersuchung und viele Blutabnahmen noch am späten Abend mutete sich der Arzt sich und seiner Angestellten zu. ( abends 22 Uhr).
Und das bei einer Kassen-Patientin, herzlichen Dank dafür.

Eine Woche später fand ich einen neuen Hausarzt der den Therapie-Plan von Dr. Klemann ausführte.

           1.4.2002

Therapie:
Infusionstherapie mit Claforan - gepulste Therapie 4 Tage Infus. 3 Tage Pause
Leider keine Besserung darum anschließend Rocephin-Inf. tägl. 4 g
Auch nach dieser Behandlung stellt sich keine Besserung ein.
Ein Kontroll -LTT zeigt immer noch sehr hohe Werte.

           Januar 2003

Seit Jahren knickt unvorbereitet mein linkes Bein im Bereich des Sprunggelenks um. Ca. 20 Meter vor meiner Wohnung knickte ich plötzlich um, fiel auf die linke Seite und lag 1 Std. auf gefrorenem Boden bis mich jemand entdeckte. Im Krankenhaus stellten die Ärzte einen Wadenbeinbruch fest. Leider konnte nicht operiert werden, da sich der gesamte Fuß entzündet hatte. (über Monate blau).
Die Ärzte in der Klinik denen die Chr. Borreliose mitgeteilt wurde sprachen von einem infizierten Fuß bzw. Bein. Heute, 6 Jahre später ist dieser Schaden nicht vollständig geheilt.

           2003 - 2004

Weitere ambulante Behandlung mit Doxycyclin -Infus. plus Klacid - Infus.
jede Behandlung hilft eine gewisse Zeit, danach kommt der nächste Schub.
Es scheint, dass ich nur durch eine weitere Antibiotika- Behandlung einigermaßen schmerzfrei leben kann.
Die Schäden an Nerven, Gehirn, Gelenken, der Wirbelsäule, den inneren Organen der Haut und den Haaren aber bleiben.

           2004

Während der Antibiotika-Infusions-Behandlung setzen plötzlich Lichtblitze im rechten Auge zunächst im Minutentakt ein. Sehr schnell jedoch wird daraus ein immerwährendes Lichtblitzgewitter. Meine Tochter bringt mich als Notfall zur Augenarzt - Praxis. Nach einer gründlichen Untersuchung des Auges stellt die Augenärztin folgende Diagnose:
" Für die beklagten Beschwerden ( Blitze sehen ) ist eine hintere Glaskörperabhebung die Ursache."
Durch Antibiotika - Infusionen bessert sich dieser Zustand innerhalb 14 Tagen.

Etwa ein Jahr später ereilt mich dieses Lichtblitzgewitter auch am rechten Auge. Auch hier stellt die Ärztin die ähnliche Diagnose. Auch hier wird
der Zustand nach Antibiotika - Infusionen wieder geheilt.

           2006

Die Haut- Erscheinungen breiten sich immer weiter aus. Beide Beine, das Gesäß und die gesamte Unterbauchseite brennen und stechen unaufhörlich. Großflächig verfärbt sich die Haut zuerst bläulich - rot, später bräunlich - rot.
Der Frauenarzt legt eine Kultur nach evtl. Pilzen an.
Das Ergebnis: Positiv

Seit 5 Wochen versuche ich die Therapie mit dem Pilzmittel " Fluconazol " nach dem Therapievorschlag von Prof. Dr. med. Friedrich W. Schardt. Besonders die Neuro - Borreliose könnte damit erfolgreich behandelt werden, verspricht er im Internet. Bis heute bekommt mir das Medikament gut. Die Schmerzen sind zwar nicht gänzlich verschwunden, aber ich kann doch eine wesentliche Besserung feststellen. Seit 8 Wochen habe ich keine Antibiotika mehr benötigt. Die Schmerzen im Kopf, im Rücken und in den Beinen sind erträglicher haben sich etwas zurückgezogen. Schon keimt die Hoffnung nun einige Monate - oder gar länger ohne neuen Schub zu leben. Vielleicht - für mich wäre dies völlig ungewohnt und die Vorstellung einfach wunderbar. Noch aber nehme ich das Medikament. Was wird, wenn ich damit aufhöre??
Doch - die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt.

          28.4.2006

Leider hat die 5wöchige Pilzbehandlung den nächsten schrecklichen Schub nicht verhindert. Fürchterliche Kopf- und Gesichtsnervenschmerzen Schmerzen in den Leisten, der Hüfte und den Beinen, alles kommt mit einer entsetzlichen Intensität explosionsartig zurück. Es ist mir nicht mehr möglich in die Praxis des Hausarztes zu kommen. Durch Hausbesuche mit täglich 2000 mg. Zienam- Infusionen bekommen wir den Schub wieder in den Griff. Allerdings dauert dieser Schub bis zur Besserung 14 Tage. Danach kann ich zur Weiterbehandlung wieder die Hausarztpraxis aufsuchen. Bis heute werde ich einmal wöchentlich mit zwei Infusionen behandelt, damit ich ein einigermaßen normales Leben mit erträglichen Schmerzen leben kann.

           2007

Fast ein Jahr ist seit meinem letzten Interneteintrag vergangen. Leider ist in dieser Zeit viel Negatives aber im letzten viertel Jahr auch positives geschehen. Bis 10.12.2006 wurde ich ca. alle 3 Wochen mit Zienam-Infusionen behandelt. Ende Oktober war ich ziemlich am Ende, denn die Schmerzen und Stiche als ob man eine dicke Stricknadel in die Wirbelsäule und den linken Beinnerv rammt. Dazu immer wieder ein Rückfall aller übrigen Schmerzen. Sei es im Kopf, in den Leisten, im Unterkiefer, rechter Hand und Finger....
usw. usw. es ist einfach zu viel das alles aufzuzählen. Oft habe ich bei meinem behandelnden Hausarzt einem Zusammenbruch nahe geweint und untröstlich geschluchzt. Er meinte ich müsste nun hauptsächlich eine Schmerzbehandlung bekommen und müsste mich einfach damit abfinden, dass man diesen Zustand nicht mehr bessern kann. Gegen die stechenden und brennenden Schmerzen trage ich wieder mal ein Schmerzpflaster, Fentanol 50 Mikrogramm das ist ein Opiat leider hilft das sehr wenig.
Doch Dr. Klemann in Pforzheim hatte für mich noch einen anderen Behandlungs-Vorschlag den mein Hausarzt ausführte.
Therapie:    Metronidazol 500 mg i v - 500 mg i v - 400 mg oral

           2007 Zwölf Wochen später

Nach 5 Jahren bin ich heute in der 12ten Woche ohne Antibiotika- Behandlung und das mit vergleichsweise wenig Schmerzen. Natürlich – o k - meine Beine zittern bei bestimmten Bewegungen lt. Arzt ( starker Tremor ) aber was bedeutet das schon, wenn man das mit den entsetzlichen Schmerzen vergleicht, die sich von 100 % auf ca. 40 % verringert haben. Hoffendlich hält es noch lange an. Wenn kein neuer Schub mehr kommt, kann ich mit den bleibenden Schäden leben. Alle die diese Seiten lesen, bitte ich, drückt mir beide Daumen. Vielleicht kann ich euch mal im Chat besuchen. Aber ich bin noch so neu im Internet, und schließlich bin ich 67 Jahre alt. Es ist alles neu für mich, sehr interessant und schön.

           12.8.2007

Leider, in der 14.ten Woche hatten sich die Borrelien offenbar wieder erholt und schlugen innerhalb von 2 Tagen so unbarmherzig zu, dass ich weder gehen, noch stehen, noch sprechen konnte. Nur gut, dass ich immer die gesamte Antibiotika- Infusionen zu Hause vorrätig habe. In diesem Fall vorsorglich das Rezept, denn mein behandelnder Hausarzt war für 5 Wochen im Urlaub. Schließlich brach ich in der Arztpraxis der Urlaubsvertretung vor der Anmeldetheke zusammen. Danach folgten wieder 10 Tage Behandlung wie zuvor mit Metronidazol. Wieder trat eine Besserung ein und wieder zähle ich die Tage - Wochen und hoffe wie immer, dass eines Tages ein weiterer Schub ausbleibt. Heute zähle ich 8 Wochen danach. Die verbleibenden Schmerzen, die offenbar nicht mehr zu beheben sind könnte ich bei 20 % ansiedeln. Damit könnte ich leben, wenn ein nächster explosionsartiger Schub aus bleibt. Trotz gegenteiliger Prognose der Mediziner hoffe ich immer noch, dass ich mit den verbleibenden Schmerzen und Schäden weiterleben kann. Mein Wunsch auch, dass ich in der Borreliose-Selbsthilfe weiterhin tätig sein kann. Dass mir die Kraft geschenkt wird, dass ich ein ähnliches Borreliose-Schicksal verhindern kann.

           24.11.2007

Heute zähle ich die 35te Woche ohne Antibiotika- Behandlung. Niemals hätte ich gedacht, dass eines Tages 35 Wochen ohne Behandlung ereicht werden können.
Außerdem komme ich über die lange Zeit erstmalig ohne Schmerzmedikamente aus.
Natürlich ist es nicht so, dass ich wieder vollkommen gesund bin.
Das kann ich nicht erwarten. Immer wieder schleichen sich Schmerzen wie ein Camäleon an verschiedenen Stellen meines Körpers ein. Das sind keine neuen Erscheinungen sondern über Jahre bekannte und erfolglos behandelte. Aber diese Schmerzen verflüchtigen sich innerhalb weniger Tage ohne Behandlung wieder.
Eines und im Moment das schlimmste geht (ich empfinde das auf jeden Fall so) von meiner 3mal operierten LWS aus. Ohne Vorwarnung kann ich plötzlich nicht mehr auf das linke Bein stehen. Die gesamte linke Seite incl. linker Leiste ist plötzlich pelzig, schmerzt so sehr, dass es mir unmöglich ist einen Schritt zu machen oder auch nur zu stehen. So stand ich vor 3 Wochen hier im Esszimmer auf einem Bein, konnte unmöglich ohne Krücken (leider waren diese im Schlafzimmer) auch nur einen Schritt machen. Meinem Hausarzt erklärte ich diesen Zustand so:
"Ich habe für diese Situationen meine Vermutung bzw. Erklärung, dass sich der oder einige Wirbelkörper total verschieben und dadurch die Nervenwurzeln oder die gesamten Nerven einengen. Es kann nicht nur ein Nerv sein, denn die gesamte linke Seite (einschl. Leisten bzw. Unterbauch)sind plötzlich funktionsunfähig."
Ich fragte ihn ob ich ihm das einigermaßen verständlich erklärt hätte. Dazu meinte er :" Ja, sicher sie haben vollkommen recht, die Ursache aber, warum die Nervenwurzeln so reagieren kann ich nicht erklären. Auf jeden Fall sind, wie sie schon vermutet haben die Nervenwurzeln für diese Ausfälle verantwortlich."

" Die linke Seite ist ja 2mal operiert und war damals hinter den Vorfällen vereitert, vielleicht könnte das eine Erklärung sein ",
nochmals ein Erklärungsversuch von mir.
Ohne jegliche Behandlung bildete sich diese " totale Blockade, "wie der Arzt diese Erscheinung nennt, wieder zurück.

Trotzdem kann ich mit den bleibenden Schäden leben wenn ein weiterer Borreliose-Schub ausbleibt.
Meine Zeit aber auch mein inzwischen erworbenes Wissen über diese schreckliche meistens ignorierte, Chr. Borreliose gebe ich gerne an die vielen Infizierten und Chr. Kranken in der Borreliose-Selbsthilfe weiter.


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